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- AgrarKulturerbe-Preis

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Landkreis (Landratsamt) Dingolfing-Landau

Beschreibung
Das abwechslungsreiche niederbayerische Tertiäre Hügelland wird im Landkreis Dingolfing-Landau von zwei Flusstälern unterbrochen, dem Isartal und dem Vilstal, im Norden geht die hügelige Region in den ebenen und überaus fruchtbaren Straubinger Gäuboden über. Aber auch außerhalb des Gäubodens ist der Boden im Landkreis fruchtbar und wird daher überwiegend als Ackerland genutzt. Die menschlichen Wohnstätten liegen als Dörfer, Weiler und Einöden über das ganze Gebiet verstreut, größere Städte fehlen. Dingolfing mit 18.300 und Landau mit 13.000 Einwohnern sind schon die größten. Der Landkreis steht seit Jahrzehnten an der Spitze der Wachstumsregion Niederbayern und bezeichnet sich stolz als Aufsteigerregion. Die Menschen gelten zwar als bodenständig, haben aber die Chancen genutzt, die ihnen geboten wurden, als sich 1973 die BMW-Werke in Dingolfing und darum herum Zulieferindustrien ansiedelten. BMW allein beschäftigt heute die Hälfte aller Arbeitskräfte des Landkreises.
Einst war der Landkreis wie ganz Niederbayern ein Agrarland. Die Landwirtschaft mit zur Zeit noch rund 2000 Betrieben spielt zwar immer noch eine Rolle, aber mehr als die Hälfte seiner Bauern wirtschaftet im Nebenerwerb. Die Spezialisierung ist weit fortgeschritten, im Landkreis liegt das größte deutsche Anbaugebiet für Feldgemüse: Salat, Kraut, Gurken, Zwiebeln, Küchenkräuter werden jedes Jahr mit Hilfe von 9000 meist polnischen Saisonarbeitskräften erzeugt und zum Teil im Gebiet weiter verarbeitet.
Der Landkreis Dingolfing-Landau hat eine Fläche von 878 qkm und ist mit 92.123 Einwohnern (Stand: 30.6.2004) nur mäßig dicht besiedelt (rund 105 Einwohner pro qkm). Mit einer Waldfläche von 19,5% gehört er zu den waldärmsten Landkreisen Bayerns.
Das AgrarKulturerbe der Region besteht in heute wieder bewusst gepflegten traditionellen Bauernhäusern, Hofmark- und Edelsitzen und vor allem Kirchen und Kapellen. Sie prägen das Land. Als ältestes und besonders gut erhaltenes Bauwerk der Romanik gilt die fernab der Verkehrswege neben einem Einödhof gelegene Kapelle von Ganackersberg. Reich gesegnet ist der Landkreis mit Kirchen aus der Gotik und aus Barock und Rokoko. Viele davon sind Wallfahrtskirchen, so mitten auf dem Lande gelegen die Kirche von Dreifaltigkeitsberg aus der Barockzeit. Ähnlich einsam liegt die Wallfahrtskapelle der Heiligen Wolfsindis, das dort sprudelnde Quellwasser soll gegen Augenleiden helfen. Wie überall in Altbayern sind auch in Dingolfing-Landau eine Reihe von Kirchen dem bäuerlichen Viehpatron St. Leonhard gewidmet. Beispiele sind die St. Leonhardskirche in Oberdingolfing, die Bauformen aus der Spätgotik über die Renaissance bis zum Rokoko und zum Klassizismus aufweist. Weit über den Landkreis hinaus berühmt ist die alte St. Leonhards-Wallfahrt zur Kirche in Ganacker. Das Gebäude ist außen in halber Höhe, typisch für viele Leonhardikirchen, von einer 98,5 m langen Eisenkette umspannt. Innen findet man immer noch die Eisenvotive in Tiergestalt (Pferde, Kühe), die von der bäuerlichen Bevölkerung in Bittzeremonien um den Altar getragen wurden. Ein sagenhafter Fund von bäuerlichen Votivgaben aus mehreren Jahrhunderten wurde 2002 im Turm der Kirche von Altenkirchen, Markt Frontenhausen, gemacht: tönerne Köpfe, Gliedmaßen, Menschenfiguren, Bilderplatten, Tierfiguren, dazu noch Hunderte von Holslöffeln und Stoffkrönchen. Die Gaben waren hauptsächlich zwischen 1500 und 1700 der Heiligen Corona dargebracht worden, einer eher unbekannten, aber vom Landvolk gerne angerufenen Heiligen. Das Niederbayerische Archäologiemuseum in Landau bewahrt diesen Schatz auf. Ein Leonhardifest mit Pferdeumritt und Pferdesegnung wird seit alters in Haberskirchen abgehalten, ein Georgi-Umritt in Griesbach.
Die früheren Edelsitze, zu denen umfangreiche Hofmarken gehörten, sind zum Teil "versunken", zum Teil prächtig renoviert und von den Eigentümern bewohnt (z.B. Schloss Warth) oder gastronomisch bewirtschaftet (z.B. Schloss Wildthurn und Schloss Tunzenberg).
Ungewöhnlich reich ist der Landkreis mit Zeugnissen der Agrarkultur aus der vor- und frühgeschichtlichen Zeit gesegnet. Das mit dem Europäischen Museumspreis ausgezeichnete Archäologie-Museum in Landau dokumentiert und bewahrt die Funde. Die ersten Ackerbauern sind vor 7000 Jahren im Gebiet nachgewiesen. Aus der Münchshöfener Gruppe, einer vor mehr als 4000 Jahren im Gebiet siedelnden Kultur des Mittelneolithikums, stammt die "Venus von Aufhausen", ein menschenähnliches Gefäß. Noch etwas älter sind sieben jungsteinzeitliche Sonnentempel, die erst vor wenigen Jahren mit Hilfe modernster Luftbildarchäologie auf den Äckern des Landkreises ausgemacht werden konnten. Diese einst aus Holz errichteten Bauten lassen sich durchaus mit der weltberühmten Kultstätte von Stonehenge vergleichen, sind allerdings 2800 Jahre älter. Da Holz im Gegensatz zu Fels aber vergänglich ist, kann man von diesen ehemals imposanten Kultanlagen heute leider nichts mehr erkennen, wenn man daran vorbeifährt.
Aus der Zeit der keltischen Besiedelung des Landkreises stammt der zwischen 100 und 50 v. Chr. datierte Münzschatz von Wallersdorf. Er besteht aus weit über 300 so genannten "glatten Regenbogenschüsselchen" aus Gold. Die Römer herrschten rund 500 Jahre lang über das Gebiet des Landkreises. Der bemerkenswerteste Fund aus ihrer Zeit ist die "Venus von Wallersdorf", eine 17 cm hohe Bronzestatue einer Venus pudica.
Die Städte Dingolfing und Landau besitzen Heimatmuseen, die zwar stadt- oder handwerksgeschichtlich ausgelegt sind, aber dennoch viele Exponate zeigen, die zum Agrarkulturerbe gehören, so z.B. bäuerliche Wohnkultur, Mechanisierung der Landwirtschaft und religiöse Volkskunst. Schwerpunkt ist das 19. Jahrhundert. Die Museumsgebäude selber sind historisch sehr wertvolle Bauten, in Dingolfing ist es die gotische Herzogsburg, in Landau das Weißgerberhaus aus dem Jahre 1745. In Eichendorf an der Vils, einer der flächenmäßig größten Gemeinden Bayerns, steht das Vilstalmuseum, das ebenfalls unter anderem agrarkulturelle Ausstellungsstücke zeigt. Eichendorf war allerdings nicht als Bauerndorf, sondern als Schuh- und Tuchmacherdorf weithin bekannt.
Text: Prof. Dr. Joachim Ziche