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Landkreis (Landratsamt) Starnberg

Beschreibung
Der Landkreis Starnberg liegt im Süden der Landeshauptstadt München, an die er durch die Autobahnen A 95 und A 96 und die Schnellbahnen S 5 (Endbahnhof Herrsching) und S 6 (Endbahnhof Tutzing) gut angebunden ist. Mit der Bahnlinie München-Garmisch-Partenkirchen ist er auch nach Süden an das überregionale Bahnnetz angeschlossen.
Fünf Seen (Starnberger See, Ammersee, Wörthsee, Pilsensee, Weßlinger See) prägen die Landschaft des Landkreises, weshalb man auch vom Fünfseenland spricht. Geformt wurde die hügelige Jungmoränenlandschaft in der Würmeiszeit, der letzten Welle der alpinen Vergletscherung. Der wichtigste Flusslauf im Landkreisgebiet ist, abgesehen von der Amper, die an der Grenze zum Landkreis Landsberg verläuft, die Würm. Sie entwässert den Starnberger See, der deshalb in früherer Zeit Würmsee genannt wurde, und mündet nördlich von München in die Amper. Die durchschnittliche Meereshöhe liegt zwischen 550 und 700m über NN; der höchste Punkt ist mit 750 m im Berndorfer Buchet (Gemeinde Tutzing), wegen seiner Aussicht berühmt ist die in derselben Gemeinde liegende Ilkahöhe (720 m).
Der Landkreis liegt im Übergangsgebiet von Ackerbau zu Grünlandwirtschaft, was sich in dem ausgeglichenen Ackerland-Grünlandverhältnis von 1,0:1,0 ausdrückt. Vorherrschende Bodenarten sind flachgründige Rendzinaböden auf Kalkschotter, Moorböden und tiefgründige Braunerden. Die durchschnittlichen Jahresniederschläge liegen zwischen ca. 900 und 1100 mm, von Nord nach Süd zunehmend, die Jahresdurchschnittstemperaturen bei 7,0 bis 7,5 Grad C. Der Anteil der Landwirtschaftsfläche an der Kreisfläche liegt mit 37 % etwa gleich hoch wie der der Forstfläche mit 35 %. Rechnet man zu dem vergleichsweise niedrigen Gesamtwert von 72 % noch die für die Berufsfischerei verfügbare Seenfläche hinzu, ergibt sich eine erweiterte Agrarfläche von insgesamt 86 %. Der relativ großen Bedeutung der Fischerei im Landkreis trägt auch die Tatsache Rechnung, dass in Starnberg die Zentrale des Instituts für Fischerei liegt, eines der Institute der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft.
Bei den Ackerfrüchten steht der Getreidebau weitaus an 1. Stelle, bedeutend ist auch der Ackerfutterbau, insbesondere der Silomaisanbau. In der Viehwirtschaft dominiert die Milchviehhaltung. Eine wichtige Rolle spielt die ökologische Landwirtschaft, deren Anteil über dem Landesdurchschnitt liegt.
Die Zahl der Landwirtschaftsbetriebe liegt bei etwa 430, die Durchschnittsgröße bei 32 ha, was auf relativ günstige agrarstrukturelle Verhältnisse schließen lässt. Knapp die Hälfte der Betriebe sind Haupterwerbsbetriebe. Der Anteil der in der Agrarwirtschaft Tätigen an der Gesamtbeschäftigtenzahl liegt bei 2 %.
Die hohe Landschaftsqualität, aber auch Beanspruchung durch den Fremdenverkehr drückt sich darin aus, dass rd. 70 % des Kreisgebietes unter Landschaftsschutz stehen. Es gibt auch eine Reihe von Naturschutzgebieten, insbesondere Moore (Herrschinger Moos, Görbelmoos und Wildmoos bei Gilching, Leutstettener Moos bei Starnberg, Schluifelder Moos in der Gmd. Wörthsee) und Seeuferzonen (Maisinger See, Karpfenwinkel am Westufer des Starnberger Sees). Das Naturschutzgebiet "Mesnerbichl" bei Andechs umschließt einen ökologisch wertvollen Magerrasen.
Schon früh, wenn auch in dem waldreichen Gebiet nur an wenigen Plätzen, setzte die Besiedlung des Fünfseenlandes ein. Spuren keltischer Siedlung sind an verschiedenen Orten des Landkreises zu finden, so die Viereckschanzen in Buchendorf (Gmd. Gauting) und Rottenried (Gmd. Gilching). Den Kelten folgten die Römer. Dabei stechen die Nachbargemeinden Gauting und Gilching an der Nordgrenze des Landkreises heraus: in Gauting, dem römischen Bratananium, trafen sich zwei römische Handelsstraßen; in Gilching stieß man auf die Reste einer römischen Siedlung und von zwei römischen Gutshöfen (villae rusticae). Die Römer wurden von den Bajuwaren abgelöst, deren Uradelsgeschlecht der Huosi in diesem Gebiet ansässig war.
Schon im ausgehenden Mittelalter wurde der Starnberger See und die ihn umgebende Landschaft als Ausflugsziel und zeitweiliger Aufenthaltsort des Münchener Hofes entdeckt. So reihen sich die Schlösser und Adelssitze wie eine Perlenkette um den See, die vornehmlich an die Wittelsbacher erinnern. Bereits 1446 machte Herzog Albrecht III. die Starnberger Burg zu seinem Sommersitz. Schloss Berg (Gmd. Berg) ist mit dem Tod des Märchenkönigs Ludwig II. verbunden. Ein Kreuz im See erinnert daran. In Schloss Possenhofen (Gmd. Pöcking) wuchs Kaiserin Elisabeth von Österreich auf, genannt Sisi. Die nahe Roseninsel wurde nach Plänen des preußischen Gartenarchitekten Peter Joseph Lenné gestaltet. Der letzte bayerische König, Ludwig III., schließlich hatte noch als Prinz Schloss und Gut Leutstetten (Stadt Starnberg) erworben. Vom Volk als "Millibauer" (d.i. Milchbauer) tituliert, baute er dort eine Musterlandwirtschaft auf. Den Wittelsbachern taten es der Adel und die Münchner Kaufmannschaft gleich.
Viele Schlösser und Sitze waren mit Hofmarken ausgestattet. Ihre Herren übten im Regelfall bis 1848 die sog. Patrimonialgerichtsbarkeit (niedere Gerichtsbarkeit) aus.
Ein weiterer bedeutender Adelssitz ist Schloss Seefeld über dem Pilsensee, Sitz der Grafen von Toerring-Jettenbach. Einem Angehörigen dieses Geschlechts, Graf Clemens Anton (1785-1812) verdanken wir nicht nur eine der schönsten deutschen Eichenalleen, sondern auch die 1789 gegründete "Seefeldische Feldbau- und Jagdsozietät", eine Einrichtung, die die Hebung der Landwirtschaft ebenso im Sinne hatte wie die Verbesserung der sozialen Lage der Bauernschaft.
Ein geistlicher und kultureller Mittelpunkt ist Andechs. 1803 säkularisiert, wurde das Benediktinerkloster 1850 zusammen mit St. Bonifaz in München, das zur wittelsbachischen Grablege bestimmt wurde, von Ludwig I. als Doppelkloster errichtet. Höchst sehenswert ist die Klosterkirche, zugleich Wallfahrtskirche (Hl. Berg), ein Rokokojuwel, von Johann B. Zimmermann ausgeschmückt. Andechs ist auch Aufführungsort der Carl-Orff-Festspiele.
Tradition und Brauchtum haben im Landkreis einen hohen Stellenwert. Erwähnt seien die Fischerstechen in Starnberg und Wörthsee, die Fischerhochzeit in Tutzing und die Margaretenprozession in Krailling. Musealer Bewahrungsort des Agrarkulturerbes ist das Heimatmuseum der Stadt Starnberg, das in einem für die Gegend typischen Einfirsthof untergebracht ist und eine Sammlung landwirtschaftlicher Geräte besitzt.
Die 1948 gegründete Bildungsstätte des Bayerischen Bauerverbandes in Herrsching (Haus der Bayerischen Landwirtschaft Herrsching) hat sich zu einer zentralen bäuerlichen Bildungs- und Begegnungsstätte entwickelt und verwaltet den wertvollen Archivbestand des früheren landwirtschaftlichen Vereins in Bayern.
In der Wirtschaft dominiert der Dienstleistungsbereich, vor allem begründet im Fremdenverkehr, der im Landkreis eine vorrangige Rolle spielt. An bedeutenden Industriezweigen sind die Medizintechnik (z.B. 3M Espa AG in Seefeld), die Klimatechnik (z.B. Westabo in Stockdorf, Gmd. Gauting), Luftfahrtindustrie (Oberpfaffenhofen, Gmd. Weßling) und Luftfahrtapparatebau (AOA Apparatebau GmbH Gauting).Zu dieser Konzentration des produzierenden Gewerbes auf den nördlichen Landkreis kommt noch der Einfluss des industriellen Verdichtungsraums München hinzu. So nimmt es nicht wunder, dass hier mit Gilching (rd. 17.000 Einw.) und Gauting (rd. 19.500 Einw.) die Siedlungsschwerpunkte des Landkreises liegen, lediglich übertroffen von der Stadt Starnberg (rd. 23.000 Einw.).
Großstadtnähe, landschaftliche Schönheit und die Attraktivität des gesellschaftlichen Lebens haben seit jeher Künstler in das Fünfseenland gezogen. Genannt seien der Maler Moritz von Schwind (geb. 1804 in Wien-1871), der Musiker Werner Egk (geb. 1901 in Donauwörth, gest. 1983) und die Dichterin Ina Seidel (geb. 1885 in Halle, gest. 1974). Das Starnberger Umfeld hat auch namhafte Künstler hervorgebracht, so die Schriftsteller Georg Queri (geb.1879 in Frieding, Gmd. Andechs, gest. 1919) und Oskar Maria Graf (geb. 1894 in Berg, gest. 1967). Letzterer, der Sohn eines Bäckermeisters und einer Bauerntochter, ist durch realistische Romane, die häufig im bäuerlich-ländlichen Milieu Bayerns spielen, hervorgetreten. Er war Kriegsgegner (Einweisung in mehrere "Irrenanstalten" während des Ersten Weltkrieges), Anhänger der Novemberrevolution des Jahres 1918, Bekannter Berthold Brechts und emigrierte als Gegner des Nationalsozialismus nach 1933 in die USA, obwohl er früher zeitweise mit der Sowjetunion sympathisiert hatte. Ein Denkmal in Aufkirchen erinnert heute an Graf.
Weit über die Grenzen des Kreisgebietes hinaus bekannt sind zwei Akademien in Tutzing: die Evangelische Akademie und die Akademie für Politische Bildung.
Der Landkreis Starnberg umfasst die Kreisstadt Starnberg und 14 Gemeinden. Auf einer Fläche von 488 qkm leben rd. 128.500 Menschen, was einer Bevölkerungsdichte von 263 Einwohnern je qkm entspricht.
Text: Prof. Dr. Alois Seidl, Ergänzungen zu Oskar Maria Graf von Andreas Dornheim
Literatur
-Der Landkreis Starnberg. (Hrsg. v. Landkreis Starnberg..) Starnberg 2004
-Bauer, Gerhard:
Gefangenschaft und Lebenslust. Oskar Maria Graf in seiner Zeit. München 1987
-Graf, Oskar Maria:
Das Leben meiner Mutter.  1940 (e.) 1946 (dt.)
-Graf, Oskar Maria:
Der harte Handel. Bauernroman.  1935
-Graf, Oskar Maria:
Unruhe um einen Friedfertigen.  1947
-Graf, Oskar Maria:
Wir sind Gefangene. Autobiographisches.  1927
-Haushofer, Heinz:
Die Seefeldische Feldbausozietät. In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 31 (1968), S. 726-746.  
-Schober, Gerhard:
Landkreis Starnberg (= Denkmäler in Bayern Bd. 21). München 1991 (2. Aufl.)
-Schober, Gerhard:
Schlösser im Fünfseenland. Bayerische Adelssitze rund um den Starnberger See und den Ammersee. Waakirchen 2005