Suchsymbol

Erweiterte Suche

 Weitere Zugänge:
· Art der Organisation
· Sachgebiet
· Bundesland
· Regierungsbezirk
· Landkreis
· Landschaft
· Gemeinde
· Personen
· Biographien
 Sonderbereiche:
· Oberbayrische Almen
· AgrarKulturerbe in Europa
- AgrarKulturerbe-Preis

 Vorige Seite 

Landkreis (Landratsamt) Rosenheim

Beschreibung
Der Landkreis Rosenheim liegt im südöstlichen Teil des Regierungsbezirks Oberbayern an der Grenze zu Österreich (Tirol). Im Osten verläuft die Grenze zum Landkreis Traunstein teilweise am Chiemsee entlang, wobei die Chiemseeinseln zum Kreisgebiet zählen. Im Westen schließt der Landkreis Miesbach an. Inmitten des Kreises liegt die kreisfreie Stadt Rosenheim mit rd. 60.000 Einwohnern. Die Stadt hat eine wichtige Zentralitätsfunktion als Verkehrsknotenpunkt, Bildungszentrum und Hochschulstadt, Sitz von Ämtern und Behörden und als wirtschaftliches und kulturelles Zentrum.
Der Raum Rosenheim bot sich seit jeher als Kreuzungspunkt für Handel und Verkehr an: Das Inntal ist das Tor zum Süden, der flachere Voralpenraum ermöglicht die Ost-West-Verbindung. Bis heute fassbar ist die eben diesen Richtungen folgende Straßenführung der Römer. Nördlich von Rosenheim, bei dem römischen Pons Aeni (Pfaffenhofen, Gmd. Schechen; in dem Grundwort –pfunzen bei den nahe gelegenen Orten Langenpfunzen und Leonhardspfunzen ist der römische Ortsname überliefert), war der wichtigste Innübergang. Er war eingebunden in die Römerstraße Augsburg-Salzburg, die die römischen Provinzen Raetien und Noricum verband. Pons Aeni war auch Kreuzungspunkt für die von Süden her führende Straße von Innsbruck nach Regensburg. Der Kreuzung Pons Aeni entspricht heute das südlich von Rosenheim liegende Inntal-Dreieck, wo die Richtung Innsbruck verlaufende Inntalautobahn A 93 von der A 8 München- Salzburg abzweigt. Mit gleicher Zielrichtung führen die Eisenbahnstrecken München-Salzburg und München-Innsbruck (Verona) über Rosenheim.
Landschaftsgeografisch ist der Landkreis in einen alpinen und voralpinen Teil sowie in das vorgelagerte Moränenhügelland zu gliedern, wobei letzteres die größere nördliche Hälfte der Landkreisfläche einnimmt. Höchster Punkt des Kreises ist der Gipfel des Großen Traithen, Gmd. Kiefersfelden) mit 1852 m über NN. Der wichtigste Fluss ist der Inn, der den Landkreis von Süd nach Nord auf einer Länge von etwa 60 km durchfließt. In ihn münden in Rosenheim die Mangfall, südlich von Wasserburg die Attel. Viele Seen und Moore liegen in dem eiszeitlich geformten Moränenhügelland. Der flächenmäßig größte See neben dem Chiemsee ist der westlich davon gelegene Simsee. Erdgeschichtlich von Interesse ist der heute verschwundene Rosenheimer See, einst aus dem abschmelzenden Inngletscher entstanden, der in der Nacheiszeit von der Geröll- und Schwebstofffracht des Inns weitgehend wieder aufgefüllt wurde.
Der Anteil der Agrarfläche des Landkreises an der Gesamtfläche beträgt 86,6 %, davon entfallen 52,7 % auf die Landwirtschafts- und 33,9 % auf die Waldfläche. Die klimatischen Standortvoraussetzungen sind infolge der großen Nord- Südausdehnung und einem Höhenunterschied von über 1400 m sehr unterschiedlich. So reicht die durchschnittliche Jahrestemperatur von 7,5 bis 5,5 Grad C, von Norden mit zunehmender Höhenlage nach Süden hin abnehmend. In gleicher Richtung zunehmend liegt die durchschnittliche jährliche Niederschlagsmenge zwischen 900 und 2000 mm.
Typisch für die Landkreise des Alpen- und Alpenvorlandes ist die Hagelhäufigkeit. Der Landkreis Rosenheim bemüht sich in Zusammenwirken mit dem "Verein zur Erforschung der Wirksamkeit der Hagelbekämpfung im Raum Rosenheim" in besonderem Maße um die Verbesserung der Hagelabwehr.
Die Bodenqualität ist, wie in der voralpinen Seen- und Moränenlandschaft typisch, ebenfalls sehr unterschiedlich und reicht von Sand- und Kiesböden bis zu tonigen und anmoorigen Böden.
Insgesamt begünstigen die klimatischen und topografischen Bedingungen die Grünlandwirtschaft, was auch in einem Ackerland- Grünlandverhältnis von 1:3,25 zum Ausdruck kommt. Im Rahmen der Grünlandnutzung spielt auch die bis 1.700 m ansteigende und 4.200 ha umfassende Almwirtschaft eine bedeutende Rolle. Der skizzierten Bodennutzung entspricht die Betonung der flächenabhängigen Viehhaltung, insbesondere der Rindviehhaltung. Dies zeigt sich auch darin, dass von den im Landkreis einschließlich Stadt Rosenheim insgesamt bestehenden rd. 3.150 Landwirtschaftsbetrieben rd. 2.750 rindviehhaltende Betriebe sind. Rd. 250 Betriebe halten Schafe. Der Anteil der Haupterwerbsbetriebe an der Gesamtbetriebszahl liegt bei 59 %, ihre Durchschnittsgröße bei 29 ha LF. Dies verweist auf eine mittelbäuerliche Agrarstruktur. Die Wachstumsschwelle liegt bei 30 ha LF, d.h. die Betriebe unter 30 ha nehmen ab, die darüber zu. Der Anteil der in der Landwirtschaft tätigen Personen an der Gesamtbeschäftigtenzahl im Landkreis beträgt 5 %.
Die Besiedlung des Kreisgebietes reicht bis in die Jungsteinzeit zurück. Keltische Viereckschanzen (z. B. Edling) und Hügelgräber (z. B. Bruckmühl) verweisen auf die Bronzezeit. Zahlreiche Funde, vor allem Meilensteine (z. B. römischer Meilenstein von Eggstätt im Heimatmuseum Traunstein), Weihe- (z. B. in der Kirche von Prutting) und Grabsteine (z. B. in der Kirche von Eiselfing) stammen aus der Römerzeit. Terra-Sigillata-Keramik aus Pons Aeni ist bis hinunter nach Rumänien gefunden worden, wohin sie auf dem Wasserweg gelangt war. Nach dem Zusammenbruch des weströmischen Reiches wanderten die Bajuwaren ein. Die Ortsnamen auf -ing und -ham verweisen auf die frühen Ortsgründungen.
An Hoftypen in den Dörfern, Weilern und Einöden gibt es im Kreisgebiet Einfirsthöfe, zweifirstige Parallel- und Winkelhöfe und weiter nach Norden zu auch Drei- und Vierseithöfe, als Nebengebäude Getreidekästen, Flachsbrechhütten und Backöfen. Lüftlmalerei an Häusern und Bundwerk an Scheunen und Hütten sind schmückendes Beiwerk. Ein besonders schönes Beispiel ist die Hofanlage in Gritschen (Gmd. Samerberg). Infolge der Hanglagen relativ häufig sind Hochtenneneinfahrten. Die über 1000 m hoch liegenden Höfe auf der Hohen Asten sind die höchstgelegenen Bergbauernhöfe Deutschlands.
Einen Überblick über ländlich-historisches Bauen zwischen Chiemsee, Inn und Salzach bietet das Bauernhausmuseum Amerang.
Im Landkreis Rosenheim liegt mit der Eggstätt-Hernhofer-Seenplatte (Gmd. Eggstätt) das älteste Naturschutzgebiet Bayerns. Weitere große Naturschutzgebiete liegen am Geigelstein (Gmd. Aschau i. Chiemgau), im Verlandungsgebiet zwischen Wasserburg und der Griesstätter Brücke und am Südufer des Simsees.
Bei den kargen landwirtschaftlichen Ertragsvoraussetzungen einerseits und der günstigen Verkehrslage andererseits entwickelten sich früh außerlandwirtschaftliche Erwerbszweige. Rosenheim verdankt seine Entstehung der Innschifffahrt und dem Salztransport. Wasserburgs mittelalterlicher Reichtum schöpfte aus denselben Quellen. Der Salzerzeugung diente auch die 1810 in Rosenheim errichtete Saline, die bis 1957 in Betrieb war. Das ehemalige Solepumpenhaus ist heute Museum. Als Energiequellen nutzte man neben den Wäldern vor allem den Torf des Kolbermoors. Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts spielte die Innschifffahrt und der damit verbundene Schiffsbau, ein Schwerpunkt war Altenbeuern (Gmd. Neubeuern), eine bedeutende Rolle. Sie musste schließlich der Eisenbahn weichen.
Der Waldreichtum führte zur Entstehung der Holz- und Papierindustrie. Von dieser Seite kam auch der Anstoß für das 1925 errichtete "Holztechnikum Rosenheim", aus dem die heutige Hochschule Rosenheim hervorging. Dem Roh- und Werkstoff Holz ist das holztechnische Museum in Rosenheim gewidmet. Andere frühe Industriezweige waren die Gewinnung von Baustoffen (Stein- und Marmorindustrie, Zementherstellung) sowie die Weberei. Auf letztere ist die Entstehung der Stadt Kolbermoor zurückzuführen, wo 1859 eine Baumwollspinnerei errichtet wurde. Eine agrarhistorisch bedeutsame Gründung erfolgte 1857 in Heufeld (Markt Bruckmühl), wo unter Mitwirkung von Justus von Liebig (siehe Landeshauptstadt München) eine Superphosphatfabrik errichtet wurde. Heute gehört das Werk Heufeld zur Süd Chemie. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden in Rosenheim die Firmen Klepper, Herstellung von Faltbooten und Wanderkleidung, und Kathrein, Blitzschutzanlagen, gegründet. Aus den aufgezeigten Schwerpunkten hat sich ein breit gefächertes handwerkliches und industriell-gewerbliches Arbeitsangebot entwickelt. Hinzugekommen ist die Hochtechnologie. Die bedeutendsten Arbeitgeber in Stadt und Landkreis Rosenheim sind heute die Firmen Kathrein (Antennenanlagen) und Krones (Abfüll- und Verpackungstechnik) in Rosenheim, Hamberger (Schwerpunkt Bodenbeläge) in Stephanskirchen, Schön (Kliniken) mit Verwaltungssitz in Prien und Meggle (Milchverarbeitung) in Wasserburg.
Es ist kein Zufall, dass gerade in dieser industriellen Schwerpunktregion des Agrarlandes Bayern die erste standespolitisch orientierte, bäuerliche Interessenvertretung entstand: der 1868 gegründete "Bayrisch-patriotische Bauernverein Tuntenhausen". Geistige Väter waren Ludwig Graf Arco- Zinneberg (1840- 1882) und Dr. Georg Ratzinger (1844-1899), Großonkel von Papst Benedikt XVI. Sie entwarfen ein Reformprogramm mit ausführlichen Aussagen zum Agrarkredit, darüber hinaus zu Agrarrecht und Agrarverfassung. Die Wallfahrtskirche Tuntenhausen, auch kunsthistorisch bedeutend, ist bis heute ein geistig-geistlicher Mittelpunkt der christlichen Bauernbewegung geblieben.
Auch das Rosenheimer Gebiet ist reich an Klöstern, die nicht nur die Besiedlung des Landes vorantrieben, sondern auch Kulturträger waren. Zu nennen sind die Augustiner Chorherren- Stifte Beyharting (Gmd. Tuntenhausen)und Herrenchiemsee, die Benediktinerklöster Attel (Stadt Wasserburg) und Rott a. Inn, das Karmeliterkloster Reisach (Gmd. Oberaudorf), das Benediktinerinnenkloster Frauenchiemsee und das Dominikanerinnenkloster Altenhohenau (Gmd. Griesstätt). All diese Klöster bieten uns wertvollstes Kulturgut, wenngleich die meisten säkularisiert sind. Besonders hervorgehoben seien die Klosterkirchen von Rott a. Inn und Altenhohenau, von dem Bildhauer Ignaz Günther und dem Maler Matthäus Günther herrlich ausgeschmückt. Ein allgemeingeschichtlich bedeutsamer Ort ist das ehemalige Kloster Herrenchiemsee. Dort wurde 1948 das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland entworfen.
Aus allen Stilepochen sind wertvolle Bauwerke erhalten. Auf der Insel Frauenchiemsee steht mit der dortigen Torhalle eines der besterhaltenen Bauwerke aus karolingischer Zeit. In der Kirche von Urschalling (Markt Prien) finden wir das seltene Beispiel einer weitgehend erhaltenen mittelalterlichen Kirchenausmalung, in Wasserburg die gotische Stethaimer-Kirche St. Jakob und in den genannten Klosterkirchen Zeugnisse des Barock und Rokoko. Nicht zu vergessen Schloss Herrenchiemsee, das König Ludwig II. von Bayern in historistischer Manier nach dem Vorbild von Versailles errichten ließ. Weitere bedeutende Schlossbauten sind Maxlrain (Gmd. Tuntenhausen) und Hohenaschau (Gmd. Aschau).
Große Künstlernamen sind mit dem Landkreis verbunden. So die Maurer- und Architektenfamilie Dientzenhofer, deren berühmteste Schöpfung die Nikolauskirche auf der Prager Kleinseite ist, die aus einem heute noch bestehenden Bauernhof in Bad Feilnbach stammte. Dass in dieser Gemeinde und darüber hinaus das Bauhandwerk zuhause war, bezeugen auch die dortigen Kalköfen, heute Industriedenkmäler. Der Maler Wilhelm Leibl (1844-1900) verewigte in seinem berühmten Bild "Drei Frauen in der Kirche" die Menschen seiner Wahlheimat Berbling (Stadt Bad Aibling). In Riedering lebte die Schriftstellerin Annette Thoma (1886-1974), Schöpferin der "Deutschen Bauernmesse", die sie für die Volkmusikgruppe "Riederinger Buam" verfasste. Das ist eine Auswahl. Volksmusik und Volkstheater, am weitesten reichen die Kiefersfeldener Ritterspiele zurück, werden mit großem Einsatz gepflegt.
Der Landkreis Rosenheim umfasst 46 Gemeinden, darunter die Städte Bad Aibling, Kolbermoor und Wasserburg und die Marktgemeinden Bad Endorf, Bruckmühl, Neubeuern und Prien. Die einwohnerstärkste Gemeinde ist die Stadt Kolbermoor mit rd. 18.000, die kleinste die Gemeinde Chiemsee mit rd. 350 Bewohnern. Die Einwohnerzahl des Landkreises liegt bei rd. 247.000, was bezogen auf die Kreisfläche von 1.438 qkm eine Bevölkerungsdichte von 172 Menschen je qkm ergibt.
Text: Prof. Dr. Alois Seidl
Literatur
-Der Inn (Ausstellungskatalog). (Hrsg. v. Stadthallen-GmbH Rosenheim.) Rosenheim 1989
-Veröffentlichungen. (Hrsg. v. Historischer Verein Rosenheim e. V..)  
-Breit, Stefan; Willer-Gabriel, Maria Anna:
Landwirtschaft im Priental (= Quellenband 13 der Chronik Aschau im Chiemgau). Laufen 2000
-Schacherl, Lillian:
Der Chiemgau. Rosenheim 2004
-Schönmetzler, Christine; Förg, Klaus G. u. a.:
Herrliches Rosenheimer Land. Rosenheim 2002
-Stöger, Manfred (Red.):
Unser Landkreis Rosenheim. (Hrsg. v. Landkreis Rosenheim.) Bamberg 1999 (5. Aufl.)
-Trux, Stefan; Hilger, Franz:
Rosenheim - Tor zum Inntal. Hamburg 1997
-Wörndl, Rupert:
Wälder und Almen im Priental (= Quellenband 2 der Chronik Aschau im Chiemgau). Laufen 1998